Es ist Pfingstmontag und herrliches Wetter. Blauer Himmel mit Wölkchen garniert – also perfektes Fotowetter. Auf die Idee, das tolle Wetter zu nutzen und sich Lübeck anzusehen, sind allerdings noch ganz schön viele andere Menschen gekommen.
Ich stehe mit meinem Rad vor dem Burgtor und finde es zu voll zum fotografieren. Was mach’ ich denn jetzt? An die Ostseeküste wäre schon ganz schön, aber da ist es heute am Pfingstmontag sicher noch voller als hier in der Innenstadt. Also entscheide ich mich für einen Ort dazwischen. Da war ich schon sehr lange nicht mehr – quasi auf die andere Seite des Stadtteils St. Gertrud, denn der beginnt hier am Burgtor. Mein Ziel ist das Fischerdorf Gothmund, etwa 6 km Luftlinie von hier.
Auf ins Fischerdorf Gothmund
Mein Weg führt mich an den großen Villen der Travemünder Allee und der Eschenburgstraße vorbei, den Glashüttenweg entlang zum Schellbruch. Ein großes Naturschutzgebiet und Vogelparadies mit Lagunen aus einer Süß-Salzwasser-Mischung.
Fahrradtour ins Fischerdorf Gothmund
Immer den alten Treidelpfad entlang.
Mit mir sind auch noch einige andere auf die Idee gekommen, hier zu Wandern bzw. mit dem Rad zu fahren. Die Sonne wechselt sich mit den Wolken ab und der Wind pustet die Segelschiffe die Trave entlang. Ab und zu kommt ein Frachter vorbei, um seine Ladung im Lübecker Hafen zu löschen.
Hier auf dem alten Treidelpfad zog man früher die Segelschiffe mit Pferden oder Muskelkraft, wenn der Wind zum segeln nicht reichte oder aus der falschen Richtung wehte. Heute ist es eine beliebte Freizeitstrecke mit toller Aussicht.
Und ganz plötzlich tauchen vor mir einige Fischerboote im Hafen auf und im Hintergrund sehe ich die Dächer der Fischerhäuser. Der Weg hat mich direkt ins Fischerdorf Gothmund gebracht.
De Gode Mann
Nahe des malerischen kleinen Fischerdorfs befand sich im 15. Jahrhundert das Godemannshus. Eine Fähre, die ein holsteinischer Lehnsmann, ein sogenannter Gode-Mann, gepachtet hatte.
Die Fischer bauten sich in seiner Nähe Katen zum Schutz gegen das Wetter und nutzten das von Natur aus durch einen Schilfgürtel abgetrennte Becken der Trave als Hafen für ihre Boote.
Wasser und Feuer.
1502 werden die Fischer von Gothmund das erste Mal in einer Ratsversammlung erwähnt. Nach und nach werden aus den Katen kleine reetgedeckte Häuser und es gab in Haus Nummer 15 sogar eine eigene Schule. Das Fischerdorf Gothmund ist entstanden.
Als 1872 der Ostseesturm das Wasser der Trave auf 3,30 m über Normalnull ins Land drückt, werden die Häuser stark beschädigt. Viel schlimmer war allerdings der Brand, der wenige Jahre später 7 der 21 reetgedeckten Häuser zerstörte.
Blühende Gärten am Ufer von Gothmund.
Ich schlender den Fischerweg zwischen den Häusern und den Gärten entlang und versuche die Atmosphäre im Bild festzuhalten. Warte die Lücken ab, um keine Menschen mit auf den Bildern zu haben und genieße die Ruhe.
Überall blühen Blumen und Bäume und im Hintergrund segeln die Boote vorbei. Eine friedliche, entspannte Stimmung herrscht hier in dem Fischerdorf. Ich schiebe mein Rad bis zum Ende des Dorfes und finde es jedes Mal wieder sehr schade, das es das Ausflugslokal hier am Bootsanleger nicht mehr gibt.
Der Weg führt mich den steilen Berg rauf und ich schlendere ein Stück oberhalb des Dorfes entlang, mache Fotos und genieße den Blick über die Dächer des Fischerdorf Gothmund auf die belebte Trave. Von hier aus führt der Radweg weiter Richtung Herrentunnel. Vorbei an alten Schuten, die zum Teil halbversunken am Ufer der Trave liegen.
Denkmalschutz? Wo?
Auf der andern Uferseite in Siems steht die denkmalgeschützte Ölmühle. Wie lange die noch steht, ist wohl eher fraglich. Vor ein paar Jahren sind hier noch Partys gefeiert worden. Jetzt zerfällt das Gebäude leider immer mehr.
Das Dach ist zum Teil schon eingestürzt und ich frage mich, warum ein denkmalgeschütztes Gebäude so zerfallen darf, wenn es doch so wertvoll ist, dass es geschützt wird. Gibt es nicht eine Erhaltungspflicht für denkmalgeschützte Gebäude? Die Ölmühle tut mir irgendwie leid.
Hunger kann man es nicht nennen.
Frühstück ist schon eine ganze Weile her. Ein Stück Kuchen wäre ganz schön, aber hier in der Nähe gibt es nichts. Also schwinge ich mich wieder auf mein Rad und fahre an der Mautstation des Herrentunnel vorbei ein Stück die Travemünder Allee entlang und biege dann nach Israelsdorf ab.
Der Name hat nichts mit Israel zu tun, sondern hat sich aus dem althochdeutschen mittelalterlichen Yrsahelestorp entwickelt.
Ein Landschätzchen.
Israelsdorf war früher ein beliebtes Ausflugsziel der Lübecker. Zahlreiche Gartenlokale waren hier ansässig. Davon ist leider nicht viel übrig geblieben, dafür hat vor einigen Jahren das Gartencafé Landschätzchen eröffnet und ich habe Glück. Die Schlange vor der Eistheke ist nicht so lang und statt Kuchen gibt es leckeres Eis! Das ist noch viel besser und ein gelungener Abschluss, bevor ich weiter fahre Richtung Karlshof.
Kleine Radtour durch St. Gertrud.
Ja, Karl hatte hier wirklich seinen Hof. Genauer gesagt, der russische Generalkonsul und Lübecker Kaufmann Karl von Schlözer. Der Hof steht inzwischen nicht mehr, aber der Name ist geblieben.
Ich fahre ein bisschen kreuz und quer durch die Siedlung mit den schönen Häusern aus den 1920er- bis 1950er-Jahren bis zur Eschenburgstraße, die mich wieder zum Burgtor bringt.
Das war eine schöne kleine Radtour an einem herrlich warmen Pfingstmontag. Wenn du Lust hast, die Tour nachzuradeln, kannst du dir hier die Strecke ansehen.
Hinweis
ACHTUNG!
Diese Fahrradtour führt nicht immer über die beste Oberfläche. Es gibt Sandwege und manchmal sind auch kleinere weichere Sandstücke dabei. Kann sein, dass ein paar Meter schieben mal das Richige für dich sein kann. Gerade am Ufer der Trave setzen diverse Hochwasser dem Weg zu und es ist nicht Lübecks höchste Priorität, diesen wieder herzustellen. Dafür ist es eine landschaftlich sehr schöne und abwechslungsreiche Strecke! Hier geht es nicht um Schnelligkeit, sondern ums entdecken.
Hast du die Tour ins Fischerdorf gemacht? Dann erzähl mir doch wie dir die Tour gefallen hat! Vielleicht hast du auch einen tollen Tipp für mich weil du was schönes erlebt oder entdeckt hast? Dann schreib mir einen Kommentar.
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