Ich habe seit Langem mal wieder eine Fahrradtour durch Lübecks Süden zum Beidendorfer See gemacht.
Es ist August und es ist meine erste längere Fahrradtour in diesem Jahr. Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, aber die Zeit ist so gerast und es waren so viele Veranstaltungen in Lübeck, dass ich einfach nicht dazu gekommen bin.
Inspiriert durch einen Instagram Post von einem neuen kleinen Café in Beidendorf am Klempauer Hofsee, habe ich mich auf den Weg gemacht, mich von der “Qualität” selbst zu überzeugen.
Nein, Spaß beiseite. Der Instagram Post hat es empfohlen, weil lecker und deshalb war ich mir sicher, dass die Schilfkate sehr leckeres Essen anbietet und sehr leckere Waffeln.
Und bei dieser Sommerhitze kurz im Beidendorfer See, der eigentlich der Klempauer Hofsee heißt, abkühlen ist auch eine super Idee. Der ist heute mein Ziel.
Die Tour dorthin führt mich durch schöne Dörfer auf Lübecker Stadtgebiet, die teilweise sehr spannende Geschichten haben. Komm mit auf eine etwa 30 km lange Fahrradtour durch Lübecks Süden.
Vom Holstentor in Lübecks Süden
Als Start habe ich wieder das Holstentor gewählt, denn das ist vom Bahnhof schnell zu erreichen und es ist nicht zu verfehlen. Es bietet sich als Startpunkt an, auch weil sich dort neben der Touristinformation eine Trinkwasserquelle befindet, an der man seine Wasserflasche noch mal auffüllen kann.
Von da aus geht es, wie auch schon im Mittelalter, wenn man die Stadt durch das Holstentor verlassen hat, in Richtung Süden.
Seit 1900 fließt das Wasser von der Elbe durch den Elbe-Lübeck-Kanal hier in Lübeck in die Trave. Und genau dort bringt mich die Possehlstraße hin. Schnurgerade zur Possehlbrücke und hinter der Brücke, dann runter zum Kanal.
Auf dem alten Treidelweg raus aus der Stadt.
Auf dieser Seite des Kanals ist der Sandweg gut ausgebaut und schön befahrbar. Erst an der alten Eisenbahnbrücke bei Genin wechsele ich auf die andere Kanalseite, denn der Weg ist den Rest bis zur Geniner Brücke mit dem Rad schlecht befahrbar.
Weiter gehts am Elbe-Lübeck-Kanal entlang in die ländlichen Gebiete Lübecks. Der Weg führt bei Genin unter der A20 hindurch und der Sandweg wird zur Schotterpiste, ist aber noch ganz gut befahrbar. Leider hat das Wasser- und Schifffahrtsamt nicht so viel Interesse den Weg gut instand zu halten.
Schleusen wie vor 120 Jahren.
Bis zur ersten Kanalschleuse ist es nicht weit. Von der Elbe bis zur Trave müssen Schiffe insgesamt 7 Schleusen passieren und von Lübeck kommend ist die Büssauer Schleuse die Erste.
Seit Kurzem gibt es hier einen kleinen Rastplatz, von dem man einen schönen Blick auf die Schleuse genießen kann. Direkt neben dem Rastplatz stehen Reste der alten Kanalbrücke als Kunstwerk vom Lübecker Bildhauer Guillermo Steinbrüggen künstlerisch begleitet. Die Brückenelemente zeigen auf beeindruckende Weise die Stahlbau- und Niet-Technik.
Die Schleusen entstanden um 1900, als es hier auf dem Land noch keinen Strom gab. Deshalb musste eine stromlose Lösung her. Bis heute funktioniert das System und lässt das Wasser in Schleusenbecken hydraulisch steigen oder sinken.
In Druckkesseln wird Luft mit Über- und Unterdruck gesammelt und durch drei Ventile gesteuert. Nachhaltiger geht es kaum und zu verdanken haben wir die Erfindung des Hotopp-Systems dem deutschen Bauingenieur Friedrich Ludwig August Hotopp.
Das es weniger als 10 Schleusen weltweit mit diesem System gibt, ist leider der komplizierten Berechnung des Systems geschuldet. Zur Bedienung der Schleusen wird auch heute noch ein Schleusenwärter benötigt. Wenn nicht viel los ist, schleust er auch schon mal die Schwanenfamilie durch.
Auf der Seite der der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung kannst du das Prinzip der Schleusen und auch die Lübecker Hubbrücken genau nachlesen. Zur Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.
Friederike hätte sie heißen sollen.
Ich fahre jetzt nicht am Kanal weiter, sondern nach Oberbüssau und dann den Langjohrt entlang. Hier ist es schön schattig und die Straße frisch asphaltiert.
Wenn du jetzt vielleicht schon hunger hast, kann ich dir einen Zwischenstopp auf dem Friederikenhof empfehlen. Ein wunderschönes Hotel in einem Gutshof hier im Ortsteil Oberbüssau. Es trägt den Namen, den die Tochter hätte haben sollen, aber das Paar bekam nur Söhne.
Das Hotelrestaurant mit fantastischem Garten und Blick über die Felder zum Elbe-Lübeck-Kanal bietet eine sehr leckere, gehobene Küche und ab 14 Uhr auch Kaffee und Kuchen. Ein Stopp an diesem wunderbaren Ort in Lübecks Süden lohnt sich definitiv.
Krummesse – Lübecks südlichster Zipfel.
Für mich geht es heute weiter die Straße entlang nach Kronsforde. Ein Stück durchs Dorf und dann über eine schöne ruhige Nebenstraße durch Felder und Wald nach Krummesse. Dem Dorf mit einer der längsten Ortsgrenze Deutschlands.
Kurz bevor ich Krummesse erreiche, bietet sich ein schöner Ausblick auf den Ort mit der Kirche und dem Kanal davor. Wenige Meter die Straße entlang tauchen dann schon die ersten Gebäude des Stadtguts Krummesse auf.
Das Gut gehört der Stadt Lübeck und ist an die Familie Möller verpachtet, die ein Stück weiter in 4. Generation auch die Brömbsenmühle bewirtschaftet. Seit 2002 betreibt sie ökologische Landwirtschaft nach Bioland-Richtlinien.
Eine Spezialität entsteht in der hofeigenen Brennerei. Hier wird aus Bio-Getreide unter anderem der Krummesser Korn gebrannt.
Die Ritter von Crummesse.
Hier in Krummesse befindet sich auch schon die zweite Schleuse des Kanals, den ich hier wieder überquere. Links auf dem Hügel taucht die St. Johanniskirche kurz auf und schon bin den Hügel hinauf an ihr vorbei. Das Besondere an diesem Dorf ist, dass es teils zu Lübeck und teils zu Lauenburg gehört.
Die Ortsgrenze verläuft in einigen Teilen im Zickzack um die Grundstücke, sodass einer HL (Hansestadt Lübeck) und die Nachbarin RZ (Ratzeburg) am Kennzeichen hat.
Krummesse wird 1194 urkundlich erstmals als Crummesce erwähnt und lag bis ins 19. Jahrhundert an einer der wichtigsten Straßen Norddeutschlands. Hier verlief die Haupthandelsroute zwischen Lübeck und Hamburg und auch die alte Salzstraße nach Lüneburg führte durch den Ort.
Also ein wichtiger und mächtiger Ort in Lübecks Süden, in denen die Ritter von Crummesse herrschten. Mit den Jahren mussten sie durch Erbteilungen Land verkaufen und manches verpfänden. Lübeck als reiche Stadt kaufte entweder selbst Grundstücke oder Reiche Bürger kauften sie und vermachten sie nach dem Tode einem Lübecker Kloster oder der Stadt.
Andere Teile Krummesses gehörten aber dem Herzogtum Sachsen-Lauenburg. Dadurch entstand diese ungewöhnliche Ortsgrenze, die auch vor dem Nachbarort Beidendorf nicht Halt machte.
Beidendorfer See oder Klempauer Hofsee?
Der Beidendorfer See gehörte ursprünglich zum Gut Krummesse. Dann wurde eine Hälfte zusammen mit der Brömbsenmühle an einen Lübecker Ratsherrn verkauft. Wenige Jahre später kaufte ein Lübecker Kaufmann die andere Hälfte und einen Teil Krummesses.
Im Zuge einer Streitschlichtung viel der See 1747 wieder ans Herzogtum Lauenburg und den Hof Klempau. Daher heißt er heute offiziell Klempauer Hofsee. Beidendorf als Ort aber gehörte seit vielen Jahrhunderten zum St. Johanniskloster und nach dessen Auflösung zu Lübeck.
Puh, ganz schön verworren das Ganze. Zeit für ne Pause am See. Am Klempauer Hofsee gibt es mehrere offizielle Badestellen und die Schilfkate.
Zur Belohnung in die Schilfkate.
Ich erinnere mich nicht mehr daran, was vorher in der Kate war, aber seit Sommer 2021 hat die Schilfkate hier ihr Zuhause gefunden. Ein sehr geschmackvoll hergerichtetes Café & Bistro mit allerlei Leckereien und Snacks. Man kann nur draußen sitzen, weshalb die Schilfkate nur bei gutem Wetter geöffnet ist. Der perfekte Ort für eine Snackpause.
Meine Waffel mit Kirschen und Vanilleeis war jedenfalls richtig lecker! Alle Infos zur Schilfkate findest du hier.
Von Blankensee aus in die Welt fliegen.
An der Badestelle ist es mir zu voll, deshalb verzichte ich auf den Sprung in den See und schwinge mich wieder auf mein Rad. Ab zum Flughafen.
Nein, ich will nicht in den Urlaub fliegen, aber das ist inzwischen wieder von Lübeck aus möglich. Von Lübeck aus werden eine ganze Reihe von Zielen in Europa angeflogen. Etwa Island, Bergen, Salzburg, Ibiza, Menorca, Visby auf Gotland, Jersey (engl. Kanalinseln) oder Usedom. Es kommen laufend neue hinzu, aber es fallen auch mal nicht gut gebuchte Ziele weg.
Ja, fliegen ist sicher nicht ganz klimafreundlich, aber das sind viele andere Fortbewegungsarten leider auch nicht.
Oben über die A 20 drüber und weiter in Richtung Blankensee zum Ausbildungspark. Das war früher eine Kaserne und bietet heute vielen Firmen und Ausbildungsstätten Platz.
Gleich nebenan beginnt das Flugplatzgelände. Der Flughafen Blankensee entstand 1917 im Ersten Weltkrieg und man demilitarisiert ihn nach Kriegsende.
1933 wurde der Flugplatz dann wieder zu einem Fliegerhorst der Luftwaffe und nach Ende des Krieges zu einem der wichtigsten Flugplätze Deutschlands. Durch seine gute Eisenbahnanbindung war er der ideale Platz, um Berlin über die Luftbrücke mit allem Wichtigen zu versorgen.
Durch die nahe gelegene ehemalige Grenze zur DDR konnten hier keine großen Linienflugzeuge starten und landen und der Flugplatz wurde von Sportflugzeugen, Segelfliegern und Fallschirmspringern genutzt.
Nach der Grenzöffnung der DDR nahm der Flughafen dann wieder einen kleinen Flugbetrieb auf, der mal besser und mal weniger erfolgreich verlief.
Lübeck am Horizont.
Von der Brücke über die B 207 kann man am Horizont schon Lübecks sieben Türme sehen. Der Panoramablick von Lübecks Süden auf die Türme ist durch die hochgewachsenen Bäume inzwischen selten geworden.
Bis ich wieder in der Lübecker Innenstadt ankomme, sind es noch ein paar Kilometer durch kleine Lübecker Dörfer und die schöne Landschaft. Weiter gehts mit dem Schwung von der Brücke hinunter ins nächste Dorf.
Wulfsdorf ist ein typisches Straßendorf und wird 1230 das erste Mal urkundlich erwähnt. Es scheint schon damals von Bedeutung gewesen zu sein, denn bereits 1248 kaufte das Heiligen-Geist-Hospital einige Ländereien. Danach erfolgen weitere Käufe, bis es 1300 aus den Privatbesitzen in den des Lübecker Johannisklosters überging.
Der Weg ins Nachbardorf nach Vorrade, wäre bis 1926 nur über einen schmalen Trampelpfad möglich gewesen. Bis dahin mussten Wagen den Weg über Krummesse oder Lübeck nehmen. Gut, das es jetzt eine schön asphaltierte Straße mit Brücke über den Landgraben gibt.
Am Ende des Dorfs folge ich nicht der Straße, sondern biege ab in die Straße Schyrkamp, die dann zu einem Sandweg wird und mich in den noch relativ neuen Stadtteil Bornkamp bringt. Benannt nach der Koppel, auf dem die Häuser gebaut wurden.
Inmitten von Feldern und Wiesen.
Der Weg führt mich durch die Natur, vorbei an Streuobstwiesen am Rande des Stadtteils Richtung Ringstedtenhof.
Der Jugend-Naturschutz-Hof Ringstedtenhof ist ein ökologisch geführter Biohof und bietet Schulklassen die Möglichkeit, auf dem Hof den Lebensrhythmus eines Bauernhofs kennenzulernen und ökologische Zusammenhänge zu erfahren.
Aber das nur am Rande erwähnt, denn die Vorrader Straße bringt mich wieder zurück in die Stadt.
Für mich war es eine gemütliche Tour durch die Natur mit viel Grün und wenig befahrenen Straßen. Eine leckere Waffel mit Kirschen und Eis war ein köstliches Ziel und das es an einem warmen Sommertag an der Badestelle voll ist, war eigentlich auch klar. Trotzdem eine sehr schöne Tour.
Tourdaten.
Wenn du nun Lust bekommen hast auf Waffel mit Kirschen oder eine runde schwimmen im Beidendorfer See, findest du die gpx-Daten der Tour hier zum Download oder du speicherst dir die Tour in deinem Komoot Account.
Viel Spaß auf der Radtour in Lübecks Süden.
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Bist du die Tour schon nachgeradelt? Dann erzähl mir doch wie dir die Tour gefallen hat! Vielleicht hast du auch einen tollen Tipp für mich weil du was schönes erlebt oder entdeckt hast? Dann schreib mir einen Kommentar.
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